Am 6. Oktober 2025 hat OpenAI mit der Einführung von Apps inside ChatGPT die digitale Interaktion neu definiert. Was auf den ersten Blick wie ein weiteres SDK aussieht, ist in Wahrheit der Beginn eines tiefgreifenden Wandels: Das Web wird konversational. ChatGPT positioniert sich weiter zur neuen Eingangstür des Internets.
Am 6. Oktober 2025 hat OpenAI mit der Einführung von Apps inside ChatGPT die digitale Interaktion neu definiert. Was auf den ersten Blick wie ein weiteres SDK aussieht, ist in Wahrheit der Beginn eines tiefgreifenden Wandels:
Das Web wird konversational. ChatGPT positioniert sich weiter zur neuen Eingangstür des Internets.

Vom Mobile-First zum AI-Native Paradigma
Als Apple 2008 den App Store öffnete, brauchte es nur wenige Monate, bis jedes Unternehmen dieselbe Frage stellte: „Was sollte unsere iPhone-App sein?“
Der Mobile-Boom definierte über ein Jahrzehnt, wie Marken ihre digitalen Erlebnisse gestalten: als Destinationen, zu denen Nutzer*innen aktiv navigieren mussten.
Heute – mit Apps inside ChatGPT – stehen wir erneut an einem solchen Wendepunkt.
Der Unterschied:
Wo Mobile um Aufmerksamkeit konkurrierte, konkurrieren AI-native Experiences um Nützlichkeit. Statt Werbung zu schalten, um Nutzer*innen auf die eigene Plattform zu lenken, werden Marken künftig dort präsent, wo die Interaktion ohnehin stattfindet – im Gespräch.
Was sind „Apps inside ChatGPT“ konkret?
OpenAIs neues Apps SDK erlaubt es Marken, eigene interaktive Anwendungen direkt in ChatGPT zu integrieren.
Diese Apps können:
- Daten, Produkte und Services einer Marke einbinden,
- in natürlicher Sprache gesteuert werden,
- und nativ im Chat angezeigt werden – mit interaktiven Interfaces wie Karten, Konfiguratoren, Playlists oder Kursmodulen.
Beispiele aus der Preview:
- Booking.com: Hotels suchen und buchen direkt im Chat.
- Canva: Präsentationen und Poster erstellen – ohne Kontextwechsel.
- Coursera: Videos ansehen, Fragen stellen, Inhalte vertiefen – alles in einem Dialog.
- Spotify: Playlists generieren basierend auf der aktuellen Unterhaltung.
Aktuell sind Apps in ChatGPT außerhalb der EU bereits für alle eingeloggten Nutzer*innen (Free, Go, Plus und Pro) verfügbar. OpenAI plant jedoch, den Rollout in den kommenden Monaten auch auf die EU auszuweiten.
Die strategische Bedeutung: ChatGPT als neue Customer Interface Layer
In der bisherigen Logik war die Marke eine Destination – Website, App, Login, eigenes Interface. Im AI-Native Paradigma wird die Marke ein Service, der dort aufscheint, wo der Kunde sich ohnehin bewegt.
OpenAI beschreibt diesen Wandel als Wechsel von der Attention Economy zur Utility Economy:
„Success comes from being the app ChatGPT chooses to serve when customers express relevant needs.“
Das bedeutet:
- Kein Wettbewerb um Klicks, sondern Wettbewerb um Relevanz.
- Keine SEO-Optimierung für Suchmaschinen, sondern Intent-Optimierung für Konversationen.
- Kein Interface-Design für Seiten, sondern Conversation Design für Dialoge.
E-Commerce & der AI-Native Handel
OpenAIs jüngste Integration von Shopify und Etsy zeigt, wie schnell sich diese Logik im Handel konkretisiert:
Wenn Nutzer*innen ChatGPT nach „einem nachhaltigen Lederrucksack unter 200 €“ fragen, erscheinen relevante Produkte direkt im Chat – mit Preis, Bild und Kaufoption. Das ist kontextsensitiver Commerce:
- Keine Suche auf Marktplätzen.
- Kein Filtern durch Kategorien.
- Kein Checkout über separate Apps.
Der komplette Funnel – von Inspiration bis Kauf – findet innerhalb des Gesprächsflusses statt. Das ist nicht nur eine bequemere Nutzererfahrung, sondern auch eine Revolution in der Customer Journey: Die Kund*in bleibt im Flow – und Marken müssen lernen, dort mitzuspielen.
Was sich für Marken ändert
Die AI-Native Ära ersetzt nicht Mobile, sondern erweitert es um eine neue Ebene der Interaktion. Mobile bleibt das Interface, ChatGPT wird die Intelligenzschicht darüber – der Ort, an dem Intents verstanden, Aufgaben ausgelöst und Marken nahtlos eingebunden werden.
Neue Erfolgsmetriken
Während die Mobile-Ära auf Downloads, Pageviews und Retention Rates optimierte, verschieben sich die KPIs nun deutlich:
- Task Completion Rate: Wie effizient erreichen Kund*innen ihr Ziel im Dialog?
- Conversational Engagement: Wie tief, hilfreich und personalisiert ist die Interaktion?
- Relationship Progression: Entwickelt sich aus einer Frage ein Vertrauen in die Marke?
Erfolg misst sich künftig nicht daran, ob jemand eine App nutzt, sondern wie gut die Marke in Konversationen hilft, echte Probleme zu lösen.
Wie Marken sich vorbereiten sollten
Der Einstieg in diese neue Plattformlogik ist kein reines Tech-Projekt, sondern ein strategisches Umdenken.
OpenAI selbst nennt drei zentrale Handlungsfelder:
- Customer Journey Mapping: Analysieren Sie, wo Ihre Kund*innen aktuell Fragen stellen, Entscheidungen treffen oder Hilfe benötigen. Diese Momente sind die Triggerpunkte für Ihre zukünftigen ChatGPT-Komponenten.
- Data Infrastructure Readiness: AI-native Erlebnisse benötigen strukturierte, zugängliche und semantisch klare Daten. Websites werden zu Data Repositories, nicht zu Destinationen.
- Capability Development: Konversationsdesign, AI-Training, Prompt Engineering und Datenmodellierung werden zu Kernkompetenzen. Marken sollten bereits jetzt dedizierte Teams oder Partner für AI-native Experience Design aufbauen.
Die nächsten Monate sind entscheidend
Das Apps SDK ist seit 6. Oktober 2025 in der Preview. Marken, die jetzt experimentieren, verschaffen sich einen Vorsprung: Sie lernen, Konversationen zu gestalten, statt Interfaces. Sie optimieren ihre Daten für AI Consumption. Sie bauen frühzeitig Vertrauen im ChatGPT-Ökosystem auf.
Wer wartet, riskiert den gleichen Fehler wie viele Marken 2008: Während einige bereits App-Ökosysteme aufbauten, fragten andere noch, ob Mobile ein Hype sei.
Der neue Standard ist Embedded Helpfulness
ChatGPT wird nicht die Websites oder Apps ersetzen – aber sie werden in den Hintergrund treten. Der neue Wettbewerb findet nicht mehr zwischen digitalen Destinationen statt, sondern zwischen Marken, die nützlich im Gespräch sind. Die entscheidende Frage lautet also nicht mehr: „Wie bringen wir Nutzer*innen auf unsere Plattform?“ sondern: „Wie bringen wir unsere Plattform in ihre Konversation?“
Willkommen in der AI-Native Ära.